Familie
Die ägyptische Familie bestand im Kern aus einem Ehepaar und seinen Kindern,
die in einem Haushalt zusammenlebten. Heirateten die Kinder, so gründeten sie
einen neuen Haushalt und damit eine neue Familie. Die Verbindungen blieben aber
immer eng, was man in vielen Grabdarstellungen im Alten Reich und im Neuen Reich
sehen kann: Auch die nicht zur unmittelbaren Kernfamilie des Grabherrn gehörigen
Angehörigen werden nämlich oft dargestellt, manchmal bis zu vier Generationen
in einem Grab. Das drückt auch den Wunsch der Ägypter aus, auf ewig mit seiner
engeren und weiteren Familie verbunden zu bleiben und ihre Gesellschaft nicht
missen zu müssen.
Erstaunlich ist die Tatsache, dass es in der ägyptischen Sprache nur ganz wenige
Wörter gab, um Verwandtschaft auszudrücken: Es gibt eigene Vokabeln für Vater
und Mutter, Sohn und Tochter, Bruder und Schwester. Alle anderen Verwandtschaftsverhältnisse
wurden aus diesen Begriffen kombiniert: Großvater konnte ägyptisch entweder
"Vater des Vaters" oder "Vater der Mutter" heißen, Tante "Schwester des Vaters"
oder "Schwester der Mutter". Für weiter entfernte Angehörige gab es keine eindeutigen
Bezeichnungen, was bei der Darstellung großer Familien in Gräbern zu einiger
Verwirrung führen kann!
Auch die Königsfamilie und die Götterfamilien sahen im Prinzip wie die einfache
menschliche Familie aus. Die Königsfamilie bestand aus dem Herrscher und seiner
Hauptkönigin, neben der er allerdings weitere Frauen haben konnte; alle seine
Söhne und Töchter trugen den Titel "Sohn des Königs" bzw. "Tochter des Königs",
ohne dass nach den Müttern unterschieden wurde. Zur königlichen Familie konnten
natürlich auch Schwestern und Brüder des Königs gehören, doch erfährt man über
sie fast gar nichts, denn sie spielten keine Rolle im Staat. Ganz selten einmal
lebte die Mutter eines Königs so lange, dass sie als hoch geehrte Persönlichkeit
an seinem Hof überliefert ist. Gelegentlich kommt es aber auch vor, dass ein
Thronfolger beim Tod des Königs noch so jung war, dass er noch nicht als regierungsfähig
galt. Dann konnte seine Mutter, die dann den offiziellen Titel "Königsmutter"
trug, die Regentschaft für ihren Sohn ausüben, bis er mit etwa 16 Jahren für
mündig erklärt werden konnte.
Auch die Götterfamilien entsprachen diesem "Eltern-Kind/Kinder"-Schema. Meist
bildeten ein Gott und eine Göttin zusammen mit einem göttlichen Kind eine Familie,
Beispiele dafür sind die Familien Osiris-Isis-Horus und Amun-Mut-Chons.