Forscher
In der Ägyptologie
und Archäologie
ist es nicht anders als in anderen wissenschaftlichen Fächern: Die meisten Männer
und Frauen, die an den Universitäten, als Ausgräber vor Ort oder in den Museen
arbeiten, bleiben der Öffentlichkeit unbekannt. Verbindet sich jedoch mit ihrem
Namen ein besonderes Ereignis wie eine aufregende Entdeckung, ein besonders
bedeutender Fund oder die Veröffentlichung eines Bestsellers, werden sie zu
berühmten Forscherpersönlichkeiten, die jeder kennt. Einige frühe Forscher dieser
Art haben dabei nicht einmal eine spezielle Ausbildung in Ägyptologie gehabt,
da dieses Fach an den Universitäten erst um 1850 allmählich eingeführt wurde.
Champollion selbst hat etwas ganz anderes (Geschichte und alte Sprachen) studiert,
erst durch seine Entzifferung der Hieroglyphen 1822 entstand das Fach Ägyptologie.
Hier anschließend findest du eine kleine Auswahl besonders bedeutender Persönlichkeiten,
die eine große Rolle für die Ägyptologie und unser heutiges Wissen über Ägypten
gespielt haben.
Champollion, Jean-François
Er hat in diesem Lexikon ein eigenes Stichwort,
dort kannst Du ausführliche Informationen zu ihm finden!
Lepsius, Richard
23.12.1810 (Naumburg) -10.07.1884 (Berlin)
Richard Lepsius war ein deutscher Ägyptologe und studierte an den Universitäten
Leipzig und Göttingen, seine Forschungen galten speziell der Sprache und der
Geschichte. Er erkannte die Richtigkeit der Entzifferung Champollions und setzte
dessen Forschungen fort; er verfeinerte die Systematik und arbeitet die Einzelheiten
aus; so verhalf er Champollions Entzifferung zu allgemeiner Anerkennung in der
Wissenschaft. Er wurde so auch zum Begründer einer eigenständigen deutschsprachigen
Ägyptologie.
Berühmt wurde er aber eher durch seine große Expedition nach Ägypten, die er
1842 bis 1845 im Auftrag von König Friedrich-Wilhelm IV. von Preußen durchführte.
Er reiste mit einem Stab von Wissenschaftlern und Künstlern, vermaß zahllose
Denkmäler, kopierte Malereien und Reliefs in Gräbern und Tempeln, sammelte Kunstwerke
und erreichte, dass er sie mit nach Europa nehmen durfte. Sie befinden sich
heute im Ägyptischen Museum Berlin, dessen Direktor er wurde. In Berlin wurde
er 1846 auch zum Professor für Ägyptologie an der Universität ernannt. Die Ergebnisse
seiner Ägypten-Expedition veröffentlichte er in riesigen Bildbänden und mehreren
Textbänden unter dem Titel "Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien", einem der
wichtigsten ägyptologischen Werke überhaupt. Denn viele Denkmäler, Tempel und
Gräber, die Lepsius darin abbildet und beschreibt, existieren heute nicht mehr
oder nur noch in beschädigtem Zustand.
Mariette, François Auguste
11.02.1821 (Boulogne-sur-Mer) - 18.01.1881 (Kairo)
Mariette war ein französischer Ägyptologe und gründete die “Ägyptische Altertümerverwaltung“
in Kairo, die noch heute die für die pharaonischen Altertümer zuständige Behörde
ist.
Seit 1850 war er in Ägypten tätig und führte innerhalb von 30 Jahren an 35 verschiedenen
Orten Grabungen durch. Das hat ihm bis heute noch keiner nachgemacht. Das Serapeum
(eine Grabstätte für den Apis-Stier, ein heiliges Tier der Ägypter) in Memphis
war sein größter Fund und machte ihn berühmt. Bei Grabungen in Giza entdeckte
er den Taltempel des Chephren und darin die Statue des thronenden Königs mit
dem Horusfalken im Nacken, eines der Highlights des Ägyptischen Museums in Kairo.
Mariette setzte sich für ein sorgsames Umgehen mit den ägyptischen Kunstwerken
und Denkmälern ein. Das heißt, dass die Grabungsstätten gut vor Grabräubern
geschützt wurden und die Funde sorgfältig dokumentiert wurden. Deshalb gründete
er die Altertümerverwaltung, bei der noch heute jeder Wissenschaftler, der in
Ägypten archäologisch arbeiten will, einen Antrag auf Grabungsgenehmigung stellen
muss. Bestattet wurde er in einem Sarkophag vor dem Ägyptischen Museum in Kairo.
Petrie, William Matthew Flinders
03.06.1853 (England) - 18.01.1942 (Jerusalem)
Petrie machte eine Ausbildung mit dem Schwerpunkt Archäologie und war von 1880
bis 1838 als Ausgräber in Ägypten tätig. Er führte das wissenschaftliche Veröffentlichen
von Grabungen ein. Er entwickelte als erster feste Richtlinien, wie man richtig
ausgräbt, die Funde behandelt, sie dokumentiert und dann die Ergebnisse der
Ausgrabungen gründlich veröffentlicht. Damit wurde er zum eigentlichen Begründer
der ägyptischen Archäologie, die von nun an keine "Buddelei", sondern Wissenschaft
war. Heute sind seine Methoden längst weiterentwickelt und verfeinert worden,
und es ist selbstverständlich, dass die Grabungen veröffentlicht und damit für
jeden Ägyptologen benutzbar und nachvollziehbar gemacht werden. Damals war all
dies neu und sensationell, Petrie stieß auch auf Unverständnis und Spott. Denn
ihm ging es nicht in erster Linie um Funde wie vielen Ausgräbern dieser frühen
Zeit, sondern um die Zusammenhänge von Fundlage und Funden, damit man daraus
das Leben der Ägypter und ihre Vorstellungen rekonstruieren kann.
Petrie war Professor für Ägyptologie am University College, London, und bildete
unter seinen Studenten viele bedeutende Ägyptologen aus.
Moss, Rosalind L.B.
21.09.1890 (Shrewsbury) - 22.04.1990 (Ewell)
Die Engländerin Rosalind Moss beschäftigte sich zunächst mit der Entstehung
des Menschen, bevor sie 1917 ein Studium der Ägyptologie bei Petrie in London
anfing. Sie gehört zu den ersten Frauen überhaupt, die Ägyptologie studieren
konnten.
Seit 1924 gab sie zusammen mit ihrer Freundin Bertha Porter umfangreiche Buchbände
unter dem Generaltitel "Topographical Bibliography of Ancient Egyptian Hieroglyphic
Texts, Statues, Reliefs and Paintings" (Topographische Bibliographie altägyptischer
hieroglyphischer Texte, Statuen, Reliefs und Malereien) heraus, die alle bis
dahin bekannten ägyptischen Denkmäler mit Inschriften umfassten, einschließlich
aller Veröffentlichungen zu diesen Denkmälern. Dieses Nachschlagewerk zählt
bis heute zu den wichtigsten Arbeitsinstrumenten für jeden Ägyptologen; es wird
laufend überarbeitet und erweitert, damit es immer aktuell bleibt. Es wird abgekürzt
einfach "Porter-Moss" genannt nach seinen beiden Erfinderinnen.
Porter, Bertha
09.04.1852 (London) - 17.01.1941 (Oxford)
Die Engländerin Bertha Porter studierte Ägyptologie in Göttingen. Ihre originalen
Manuskripte (ihre schriftlichen Ausarbeitungen) befinden sich heute im Griffith
Institute in Oxford, England. Sie half ihrer Freundin Rosalind L. B. Moss bei
der Erstellung des Nachschlagewerkes, das heute ihren gemeinsamen Namen "Porter-Moss"
trägt.
Carter, Howard
09.05.1874 (London) - 02.03.1939 (London)
Howard Carter wurde von seinem Vater im Zeichnen unterrichtet. Weil er das so
gut konnte, wurde er 1891 von dem Ägyptologen Newberry mit auf Ausgrabungen
nach Ägypten genommen. Dort sollte er die Funde abzeichnen. Dadurch wurde sein
Interesse für die Ägyptologie geweckt. Ein Jahr später arbeitete Carter unter
Petrie bei Ausgrabungen in Amarna. Weitere Ausgrabungen, bei denen Carter als
Zeichner tätig war, schlossen sich an. So erwarb er sich unter der Anleitung
vieler Ägyptologen sein eigenes Fachwissen in Ägyptologie, ohne jemals ein reguläres
Studium absolviert zu haben. Seine große Begabung als Künstler ermöglichte ihm,
auch Jahre ohne feste Anstellung in Ägypten zu überleben. Seit 1909 arbeitete
er als Archäologe im Auftrag von Lord Carnarvon, der eine Grabungsgenehmigung
für das Tal der Könige, die Begräbnisstätte der Könige des Neuen Reiches auf
dem Westufer von Theben, erhalten hatte. Carter fand fünf Königsgräber, die
aber alle vollständig ausgeraubt waren, so dass sein Geldgeber Lord Carnarvon
entmutigt die Grabungen abbrechen wollte. Doch dann gelang Carter der sensationelle
Fund des einzigen unberaubten Königsgrabes, er entdeckte 1922 das Grab des Tutanchamun
mit seinem überwältigenden Grabschatz. Damit wurde Carter zu einem berühmten
Mann. Zehn Jahre lang arbeitete er an der Bergung, Dokumentation und Auswertung
der Funde, doch zu einer vollständigen Veröffentlichung kam es bis heute nicht.
Junker, Hermann
29.11.1877 (Bendorf) - 09.01.1962 (Wien)
Hermann Junker studierte Ägyptologie in Berlin und wurde Professor an der Universität
Wien. Später übernahm er die Leitung des Deutschen Archäologischen Instituts
in Kairo, das heute für alle deutschen Ausgrabungen in Ägypten verantwortlich
ist. Als Professor bildete Junker zahlreiche Ägyptologen in Deutschland, Österreich
und Ägypten aus.
Junkers bedeutendste Grabung war die Untersuchung des Beamtenfriedhofs in Giza
im Westen der Cheops-Pyramide; seine genaue Erforschung, Dokumentation, Veröffentlichung
und Interpretation dieser Grabanlagen des Alten Reichs trug erheblich zur heutigen
Kenntnis dieser Epoche bei. 12 große Bände entstanden zu seinen Ausgrabungen
in Giza, sie gelten noch heute als vorbildlich. Auftraggeber für diese Grabungen,
die 1912 bis 1914 und 1926 bis 1929 stattfanden, war die Akademie der Wissenschaften
in Wien, die diese Unternehmung aber nicht allein hätte finanzieren können.
Da erwies es sich als glücklicher Umstand, dass Junker mit Wilhelm Pelizaeus,
dem aus Hildesheim stammenden Kaufmann, Unternehmer und Bankier, befreundet
war. Pelizaeus übernahm den fehlenden Teil der Finanzierung und ermöglichte
1929 auch den Druck des ersten Giza-Bandes. Damals war es üblich, dass der ägyptische
Staat die Funde solcher Ausgrabungen mit denen, die die Untersuchungen durchführten
und finanzierte, teilte. So gelangten viele wertvolle Statuen, Reliefs und Dinge
der Grabausstattung in den Besitz von Pelizaeus, der sie dem Museum in Hildesheim,
das heute seinen Namen trägt, schenkte. So erklärt es sich, dass sich so viele
interessante, wertvolle Funde aus der Pyramidenzeit heute in Hildesheim befinden!