Literatur

Die Ägypter schrieben viel und gern, ihre schriftliche Hinterlassenschaft weist eine ganze Anzahl unterschiedlicher Textgattungen auf. Aber hat es auch Texte gegeben, die wir nach heutiger Zuordnung als "Literatur" bezeichnen können? Doch, dafür gibt es viele Beispiele:

Religiöse Literatur:
Hymnen und Gebete, Göttermythen und -sagen, Ritualtextbücher; auf Papyrusrollen, auf Tempel- und Grabwänden erhalten.

Weisheitsliteratur:
Moralische Texte mit erzieherischem Charakter, die einem "weisen Mann" der Vergangenheit in den Mund gelegt wurden (z.B. Imhotep, Ptah-hotep, Neferti).

Lyrik (Gedichte):
Liebeslieder.

Spannende Geschichten:
Eigentliche Romane oder gar "Literatur für Kinder" hat es nicht gegeben, aber Erzählungen, die von den Wundertaten eines Zauberers am Hofe des Königs Snofru, von der Rettung eines Schiffbrüchigen aus höchster Not, von den Abenteuern eines ins Exil geflüchteten Mannes namens Sinuhe berichten; andere Erzählungen heißen "Die Geschichte von den zwei Brüdern, oder: Lüge und Wahrheit"; "Die Eroberung der Stadt Joppe"; "Das Märchen vom Prinzen und seiner klugen Frau".

Das alles und noch viel mehr ist erhalten, und wir wissen, dass diese Geschichten im Familienkreis vorgelesen oder erzählt wurden. Am Königshof gab es sogar Erzählwettbewerbe unter den Prinzen, und der Pharao belohnte denjenigen, der die schönste oder spannendste Geschichte zu erzählen wusste.

Diese Literaturwerke spielten außerdem eine wichtige Rolle in der Ausbildung der Schreiber, denn Zitate aus ihnen mussten die Schüler nach Diktat schreiben, um gut und fließend schreiben zu lernen. Zum großen Vergnügen der Ägyptologen stecken diese Schülertexte, die auf Ton- und Kalksteinscherben (den antiken Notiz- oder Schmierzetteln) geschrieben wurden, voller Fehler! Aller Anfang ist eben schwer, auch im alten Ägypten.