Im Alten Reich war das ganz einfach: Die Väter nahmen ihre Söhne mit ins Büro und unterrichteten sie dort selbst; dabei lernten die Jungen auch gleich, wie man sich im Büro benimmt, wie man Vorgesetzte zu grüßen, Bittsteller zu behandeln und selbstbewusst aufzutreten hat. Auf diese Weise erzogen sich die Väter ihre eigenen Nachfolger, was die Ägypter „Stab des Alters“ nannten: Auf diese gut ausgebildeten Söhne wollte sich der alt gewordene Beamte eines Tages wie auf einen Spazierstock stützen. Diese Ausbildung vom Vater auf den Sohn gab es auch später noch zu allen Zeiten, doch entwickelte sich aus dem Einzelunterricht in einem Schreibbüro nach einer Weile Gruppenunterricht, das heißt, ein Beamter bildete mehrere Jungen, z.B. auch die Söhne seiner Kollegen und Vorgesetzten, aus. Der nächste Schritt war ein eigener Raum, in dem der Unterricht stattfand, und so allmählich entstand so etwas wie eine Schule mit Klassenzimmern – zuerst am Palast des Königs für dessen Söhne und eigens als deren Kameraden ausgesuchte Beamtensöhne, dann an den großen Schreibbüros der Residenz, schließlich auch an den Tempeln.
Eine wichtige Rolle spielte dabei eine etwas geheimnisvolle Einrichtung, das „Lebenshaus“, von dem wir nicht genau wissen, wo es sich in den früheren Epochen befand. In der Spätzeit jedenfalls besaß jeder Tempel ein solches Lebenshaus, in dem die Papyrusrollen mit religiösen, medizinischen und mathematischen Texten aufbewahrt wurden. Dorthin wurden die Schreibschüler geschickt, wenn sie schon fortgeschritten waren, damit sie diese wichtigen Texte kennen lernten oder sogar abschrieben.
Was und wie wurde unterrichtet? Zu den Unterrichtsfächern gehörten in erster Linie Schreiben, Lesen und Rechnen, aber auch Sport. Stets lernten die Schüler Hieroglyphen und eine vereinfachte Schreibschrift für den Gebrauch auf Papyrus. Die Schreibübungen der Schüler sind uns als Wörter, einzelne Sätze oder längere Textpassagen auf Funden überliefert, vor allem auf den Notizzetteln des Altertums, Kalksteinsplittern und Keramikscherben. Die Lehrer hielten viel vom Auswendiglernen und ließen nach Diktat schreiben.
Mathematische Kenntnisse brauchte ein zukünftiger
Beamter natürlich auch, um z.B. die Abgaben der Bauern zu erfassen, die
Steuerhöhe zu errechnen sowie das Ackerland nach der Nilüberschwemmung
neu zu vermessen. Es gibt Hinweise, dass vor allem das Kopfrechnen geübt
wurde! Und schließlich: Sportliche Übungen dienten der Fitness
und Geschicklichkeit, Schwimmen wurde eigens unterrichtet.