Tempel

Unter „Tempel“ versteht man Gebäude, die als „Wohnhaus“ für die Götter und als Ort, an dem der Götterkult ausgeübt werden konnte, errichtet wurden. Die Bezeichnung für Tempel lautet im Ägyptischen übersetzt daher ganz eindeutig „Haus des Gottes“. Bauherr war immer der König, der als oberster Priester aller Götter im Lande galt, Da er nicht überall gleichzeitig sein und dieser Pflicht nachkommen konnte, setzte er dafür Priester als seine Stellvertreter ein.

Die großen Tempel wie die des Reichsgottes
Amun-Re in Karnak und Luxor bestanden aus einem Tempelhaus mit dem Allerheiligsten, einem meistens sehr kleinen Raum im tiefsten Inneren des Tempels. Davor erstreckten sich verschiedene Höfe mit Säulengängen oder Säulenhallen bis zum Eingang des Tempelbezirks, wo ein großer Torbau mit schrägen Außenwänden, der Pylon, stand. Vor dem Pylon stellten die Könige oft Obelisken und besonders große Statuen von sich auf. Nur Priester und der König durften das Innere des Tempels mit dem Allerheiligsten betreten, wo die Kultstatue des Gottes stand; hier fanden auch Rituale und Opfer statt. Die „normalen“ Gläubigen hatten Zutritt zum Eingangsbereich mit dem Pylon und Vorhof; nur wenn der Gott in feierlicher Prozession anlässlich der großen Feste sein „Haus“ verließ, hatten alle Menschen die Möglichkeit, sein Kultbild zu sehen und den Gott direkt anzubeten.

Zu jedem Tempel gehörten Ländereien und Leute, die sie bewirtschafteten; die Erträge benötigte man, um täglich frische Opfergaben für den Götterkult zu haben. Auch die Angestellten des Tempels und die Priesterschaft wurden aus diesen Erträgen entlohnt. Wenn ein Pharao mit reicher Beute aus dem Krieg heimkehrte, schenkte er diese zum Teil an die Tempel, auch erhielten sie Zuteilungen aus den königlichen Vorratshäusern, wenn sie Materialien wie Bausteine, Holz, Bronze, Edelmetalle und –steine benötigten. Denn all das war Eigentum des Königs und konnte nur von ihm verteilt werden. Zu den Tempeln gehörten auch Werkstätten, wo Handwerker diese Materialien verarbeiteten. Tempel waren also nicht nur Gotteshäuser, sondern auch wichtige Wirtschaftsbetriebe.

Neben den reinen Göttertempeln gab es schon seit dem Alten Reich auch Tempel für die verstorbenen Könige, die allgemein „Totentempel“ genannt werden. Hier wurde der Totenkult für den Pharao ausgeübt, der oft noch Jahrzehnte über das Begräbnis hinaus aufrechterhalten wurde. Für den Totenkult der Pyramidenerbauer Cheops, Chephren und Mykerinos in Giza lassen sich noch bis in das späte Alte Reich Priester nachweisen, als diese Pharaonen schon 200 Jahre tot waren. Berühmt sind die riesigen Totentempel des Neuen Reiches wie das Ramesseum und Medinet Habu, die Ramses II. und Ramses III. auf dem Westufer von Theben errichten ließen. Diese Tempel galten aber nicht allein dem königlichen Totenkult, sie waren gleichzeitig auch immer dem Kult des damaligen Reichsgottes Amun-Re geweiht.